„Kacheln zählen“ mal ganz anders

75 Prozent weniger Veranstaltungen wegen pandemiebedingter Absagen, aber ein Plus an Wachdiensten und Einsätzen berichtete die Wasserwacht Thalmässing im Rückblick auf das „Coronajahr“ bei ihrer digitalen Jahres- und Wahlversammlung, die mit den turnusgemäßen Neuwahlen abschloss.

Mit Schwimmbrille, Badekappe und Tauchringen beweisen die Thalmässinger Wasserwachtler bei ihrer Online-Versammlung, dass sie ihr Equipment jederzeit parat haben, sobald es wieder losgehen kann.

Wie gerne würden die Thalmässinger Rettungsschwimmer mal wieder „Kacheln zählen“ im Hallenbad. Stattdessen konnten sie nun ganz andere Kacheln auf ihren Bildschirmen betrachten, denn sie trafen sich zur virtuellen Jahresversammlung, die außerdem die Wahlversammlung für die Vorstandswahlen am Folgetag beinhaltete. Vorsitzende Sandra Karch begrüßte neben zahlreichen Mitgliedern auch den zweiten Bürgermeister Michael Kreichauf und den stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisverbands Südfranken, Olaf Pfeiffer, im virtuellen Raum. „Zwei prägende Worte hatte unser Veranstaltungsjahr 2020: online und abgesagt“, nahm sie vorweg und dankte allen Mitgliedern für ihren Einsatz bei den verbliebenen Aktionen, „fürs Durchhalten und eure Geduld“.

„Spannend“ versprach der Abend für Kreichauf zu werden, der zwar schon viele Wahlen erlebt hatte, „aber noch nie online“, wie er verriet. Er überbrachte den Dank der Marktgemeinde „für eure wichtige ehrenamtliche Arbeit angesichts der vielen Badeunfälle in Deutschland“, auch im Namen des erkrankten Bürgermeisters Georg Küttinger. Pfeiffer bestätigte, dass die Vorbereitung der Wahlen im Kreisverband eine „Herausforderung“ gewesen sei und schloss sich mit Dank für die Einsätze im vergangenen Jahr an. „2020 war besonders und wir sind froh, dass ihr eure Mitglieder, besonders in der Jugend, gut halten konntet“, zeigte er sich erleichtert angesichts von nur vier Austritten auf aktuell 47 Mitglieder.

Dass die Jugend teilweise schon seit vielen Jahren mit großem Einsatz bei der Wasserwacht aktiv ist, würdigte der Kreisverband mit Ehrungen für langjährige Mitgliedschaften. Ausgezeichnet wurden Felix Hildebrandt und Gabriel Kordic für 5 Jahre, Yvonne Obermeyer für 10 Jahre und Florian Schneider für 15 Jahre Mitgliedschaft. Traditionell hätte im Anschluss der Wanderpokal für das aktivste Nachwuchsmitglied, die „Wachtel des Jahres“ ihren Besitzer wechseln sollen. Weniger, weil die Übergabe logistisch schwierig gewesen wäre, sondern weil „wegen der vielen Absagen kein fairer Wettbewerb um den Titel möglich war“, habe sich das Vorstandsteam heuer gegen eine Vergabe entschieden, so Karch. Einige Mitglieder hätten jedoch „jede Chance genutzt“, für die Wasserwacht da zu sein, was die Organisatoren besonders gefreut hatte. Als Startkapital für die Wertung 2021 galt es dann, schnell zu sein, als alle aufgefordert wurden, in Wasserwacht-Outfit und mit einem beliebigen Schwimmequipment wieder im Bild aufzutauchen, „damit wir nicht alle vergessen, wo unsere Schwimmtaschen stehen“, begründete Karch augenzwinkernd.

Weniger amüsant war ein Blick auf die Jahresstatistik, die deutlich schlanker ausfiel als gewohnt. „Besonders weh tut uns das erzwungene Minus von 70 Prozent bei unseren Ausbildungen und, dass wir nur ein Fünftel unserer Veranstaltungen anbieten konnten“, resümierte Karch. Weniger drastisch fiel der Verlust bei den Wachstunden aus: „Obwohl es nur eine Veranstaltung im Freibad gab, war unsere Mannschaft unter anderem am See knapp 150 Stunden im Einsatz“, zeigte sie in der Grafik. Der Freibad-Wachdienst beschränkte sich auflagenbedingt auf das Hundeschwimmen im September als „quirliger Abschluss des Freibadjahrs bei tollem Wetter“. Auch wenn viele Ausbildungen abgesagt werden mussten, „kamen wegen – oder trotz Corona 186 Stunden in Aus- und Weiterbildung zusammen“, berichtete Technische Leiterin und Ausbildungsleiterin Bettina Kremer. Sie war froh, über zwei neue Sanitäter und erfolgreiche Online-Schulungen zu Einsatzfahrten und Infektionsvorbeugung berichten zu können. Ausbildungsschwerpunkt sei die kurzfristige Ausbildung von Multiplikatoren und die Hygieneschulung aller aktiven Einsatzkräfte für einen möglichen Einsatz im Katastrophenfall gewesen, der im März ausgerufen worden war. „Mit 15 Kräften, die aus unserer Ortsgruppe zur Verfügung stehen, haben wir eine wirklich hohe Quote“, lobte sie die Einsatzbereitschaft und Spontanität der Retter. Seit März stünden daher „elf aktive Einsatzkräfte, die noch nicht anderweitig eingebunden sind, von uns tatsächlich für den Katastrophenschutz zur Verfügung“, berichtete Kremer zum aktuellen Stand.

Dieser Bereitschaftsstatus mit besonderen Schutzbestimmungen war auch der Grund, weshalb für die Wasserwacht im Freibad besonders strenge Vorgaben galten, die sowohl ein Training im Wasser als auch Schwimmkurse unmöglich machten. „Kinder- und Kraulkurs wären voll besetzt gewesen“, bedauerte Kremer die pandemiebedingte Absage. Dank richteten die Wasserwachtler daher an die Bademeister, die über den Sommer trotzdem einige Seepferdchen und Jugendschwimmabzeichen abnehmen konnten. Die eigene Fitness förderten die Wasserretter mit Trockentraining und Theorieabenden im Freien.

Dabei profitierten sie von der Coronahilfe der Marktgemeinde und des Gewerbevereins, die für die Ortsgruppe die Anschaffung von Gymnastikbändern und Schwimmbojen finanziert hatte, wie Kassier Heike Ackermann berichtete. Die Bojen kommen zur Absicherung beim Freiwasserschwimmen zum Einsatz, mit dem das Training im Frühjahr baldmöglichst wieder beginnen soll. „Das Training im See bietet nicht nur viel Platz und damit eine geringere Infektionsgefahr, sondern gibt auch Sicherheit im Freiwasser, die wir als wertvolle Basis für die Wachdienste am See fördern wollen“, begründete Karch die Frühjahrspläne. Ackermann gab einen weiteren Überblick über einen annähernd ausgeglichenen Haushalt „dank einiger Spenden, unter anderem vom Thalmässinger Music Adventure, und abgesehen von 900 Euro Sonderausgabe für die Reparatur von Hanne“.

Hanne, das Einsatzboot, das in Thalmässing untergebracht ist, „konnte letztes Jahr zwar nicht für Ausbildungen und Veranstaltungen wie den Challenge eingesetzt werden, war aber spontan als Ersatz für ein defektes Boot auf dem Brombachsee unterwegs“, erklärte Kremer die Notwendigkeit der Investition. Ihre Wachdienste an der Seespitz Absberg am großen Brombachsee versehen die Thalmässinger normalerweise mit dem dortigen Boot. „100 Wachstunden hat unsere kleine Ortsgruppe dort letztes Jahr geleistet, wobei wir an einem Tag die komplette Wachmannschaft stellen konnten“, berichtete Kremer nicht ohne Stolz über die Truppe, die „gut ausgebildet ist und im Ernstfall zur Verfügung steht“. So wie bei einer Vermisstensuche am Igelsbachsee im August, an den Corona-Teststationen an Weihnachten und dem Einsatz nach dem Kutschunfall in Untermässing im Januar – allesamt „Premieren, die uns gefordert haben, bei denen wir aber auch zeigen konnten, dass wir uns eine gute Leistungsfähigkeit aufgebaut haben“, ordnete Kremer die Einsätze ein.

Vorausgeplant für dieses Jahr seien wieder die Unterstützung der Wachdienste am See und bei Großveranstaltungen, soweit diese stattfinden werden. Außerdem laufen zur Vorbereitung auf die Wachsaison aktuelle Online-Fortbildungen und auch die Konzepte für Praxisausbildungen „liegen schon in der Schublade“, verriet Kremer mit der Hoffnung, dass die Pandemie-Entwicklung die Umsetzung erlauben wird.

Geleitet werden die Pläne vom Vorstandsteam, das turnusgemäß neu gewählt wurde. Wahlleiter Kreichauf betonte die Bedeutung der Wahlen als „Weichenstellung für die Zukunft“ und nahm die Wahlvorschläge auf. Per Stimmabgabe an der Wahlurne hatten die Mitglieder am Folgetag die Möglichkeit, das neue Leitungsteam zu wählen. Alle bisherigen Vorstandsmitglieder blieben Teil des Teams, das sich in seinen Funktionen jedoch teils neu zusammensetzt und durch neue Kräfte verstärkt wird. Gewählt wurden Bettina Kremer als Vorsitzende, Sandra Karch als stellvertretende Vorsitzende, Jan Kremer als Technischer Leiter, Heike Ackermann als Kassier, Anika Zentgraf als Jugendleiterin und Vivian Paul als Jugendgruppenleiterin. Unterstützt wird das Team durch die berufenen Beauftragten für Homepage und Social Media, Moritz Ackermann, und für das Veranstaltungsteam, Valentin Helbig. In der fortgesetzten Onlineversammlung gab Kreichauf am Abend das Ergebnis bekannt und wünschte dem Team „viel Ausdauer, Mut und Freude“. „Wir haben einiges vor und ich freue mich auf konstruktive Zusammenarbeit“, setzte Pfeiffer ein von Zuversicht und Tatendrang geprägtes Zeichen aus dem Kreisverband. Die Gewählten bedankten sich für das Vertrauen und sind „zuversichtlich, dass wir früher als letztes Jahr im Freibad wieder durchstarten können“, schloss Bettina Kremer und winkte zum Abschied aus ihrer Kachel.

Hilpoltsteiner Kurier, 03.03.2021

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